90s Blues (Level 1 – 3)

Wie entsteht Ordnung, die Wirklichkeit heißt? Wieso kann nicht alles gleich so eingerichtet sein, dass es sich nicht mehr verändert, habe ich mich immer gefragt? Wohl meinte ich, etwas greifen zu wollen und dann weiterzugehen, ohne mehr daran denken zu müssen, dass sich alles um mich herum bewegt. Alles erstarrt und bleibt an seinem Platz. „Die verdinglichte Subjektivität des Erwachsenseins“ – wie war ich dorthin gekommen? Ein paar Wege, Symbole, bekannte Gesichter, ist daraus schon meine Stadt geboren, die sich keiner zweiten Person darstellt? Wann wollte ich ein anderer Autor sein, in einer anderen Sprache; der anders lernt zu gehen, über sein tägliches Schreiben sich verändert, ohne heranzukommen an das, was dies ausmacht. Vermessen nichtexistenter Dinge. Es ist mir passiert, ein paar anderen, als eine weitere Geschichte.

Level 1 – Fragen der Technik

Alain-Fournier, der im ersten Jahr des Ersten Weltkriegs gefallen ist, taucht auf einer alten Klatschkarte der Fußball-Europameisterschaft 1992 in Schweden wieder auf – einer meiner Lieblingskarten, die mich viele Kindheitsjahre begleitete und auf der ein junger Mann mit langer schwarzer Mähne schräg über mich schaut. Sie war schon legendär, als ich vier Jahre später begann, meine frühesten Sammlungen zu archivieren und bemerkte, dass die Gedanken, die sich mit dem Tauschen, Kleben, Ordnen, Kaufen und Bestellen von seltenen Stickern beschäftigen, hier in der Erinnerung ihren Ursprung nahmen. Kein Mensch schien sich der Wichtigkeit dieses Anliegens und der Besonderheit des Designs dieser Karten bewusst. Mein Freund und ich wussten dagegen sehr wohl, dass wir die richtige Zeit miterlebt hatten und es unsere Aufgabe war, diese Nische zu dokumentieren. Wir trafen uns dienstags bei den Ruinen, um uns den Anschein eines Vereins zu geben und zeigten uns die neuesten Errungenschaften in unseren schwarzen A5-Mappen aus Kunstleder, die innen aus zwanzig Seiten zu je vier Folientaschen bestanden, in denen wir chronologisch oder thematisch die Sticker einsortierten. Mitgliedskarten wurden gezeichnet, jeder besaß eine eigene Nummer und Farbe. Wir brauchten im Schnitt vier Tage, um eine neue Leidenschaft zu entwickeln und mit eigenen Regeln auszustatten.

I

Der Alltag in den 90ern ist eine Generation her und deshalb gerade überall auf der Straße zu beobachten. Was machte ihn aus, wovon war er durchdrungen, was war das, was wir als selbstverständlich ansahen, weil wir in diese postmoderne neoliberale Realität hineinwuchsen? Wo wuchs ich auf, in welchem Erfahrungsraum, was war das für ein Wettbewerb der Ideen und Konkurrenz der Phantasien?

Die kapitalistische Konterrevolution aus Privatisierung, Deregulierung und Monetarisierung, die seit 1973 durch State Building, Pinochet und Thatcher initiiert worden war, krachte gerade mit Verspätung auf viele Staaten, auch in Westeuropa, aber noch viel stärker in Form der Systemtransformation der postsozialistischen Staaten, derartige wirtschaftliche Schocktherapien von neoliberalen Musterschülern wie Leszek Balcerowicz über sich ergehen lassen mussten, dass ihr Meister Friedrich Hayek nur davon träumen konnte. Wir hatten es aber auch nicht anders verdient und die Globalisierung und Allverfügbarkeit um die Ecke. Angst und Unsicherheit waren besser als Langeweile. Privatsender, Prekarisierung und mediale Ausgrenzung einer durch Werbung und Mitmachspiele gehetzten Konsumgesellschaft und die Alltäglichkeit der Überschuldung durch winkende Kredite, die die Leere kurzfristig füllen oder wenigstens zu kompensieren versprechen, gab es gratis dazu. Mehr Frauen und Personen, die sich nicht als Cis-Männer identifizierten, hatten mittlerweile ein eigenes Konto, ohne ihren früher gesetzlich legitimierten Ehemann fragen zu müssen, mehr Frauen waren Singles, geschieden und alleinerziehende Mütter oder sahen die Karriere erstmal als wichtiger, als Möglichkeit, finanziell unabhängiger und frei von den Erwartungen der patriarchalen Gesellschaft zu werden.

II

Das letzte Spiel der legendären jugoslawischen Mannschaft (die blauen Trikots) datiert vom 25. März 1992 gegen die Niederlande (0:2). UN-Sanktionen wegen des Kriegs, die am 1. Juni erlassen wurde, wenige Tage vor EM-Beginn, verhinderten ihre Teilnahme. Der spätere Europameister Dänemark rückte für sie nach.

1994 habe ich zum Völkermord in Ruanda an den Tutsi noch nichts mitbekommen, nichts nichts von der Verschärfung der Asylgesetze 1992/93. 1999 war Kosovo-Krieg, diese Region kannte ich aus den früheren medialen Kriegsdiskursen, das spielte am Rande von Europa, der mir bekannten Welt. Es spielte und war doch da, nur betraf es mich nicht, nur ein paar Leute, die geflohen waren und jetzt am Rand meiner Stadt wohnten, wo, wusste ich nicht genau. Es gab die Brandanschläge auf Asylbewerberheime Anfang der 90er, rassistische Pogrome in Mölln, Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen und weiteren Städten in Ost und West, da durfte ich noch kein Fernsehen gucken, es gab die Treuhand mit aufgeteiltem Boden, überwucherten und getilgten Mauerreden. Telekom-Aktien später, Verkauf von Handylizenzen, mein Vater, in 700 Kilometer Entfernung, steigt ein aber für den dot-com-Boom reicht’s und die Hoffnung auf Mittelstands-Aufstiegsgeschichten, Imitationen, Unabhängigkeiten (wofür auch sonst migrieren). Aber ich wusste von den Erzählungen, die MTV seit `97 und Viva seit `94 erzählten. Sie retteten mir die Nachmittage, indem sie sagen: du bist dabei, du kannst einer von uns werden! Und selbst wenn nicht, zeigt es nur, dass es eine andere Welt der Stars und der Geschichten gibt, die die Hoffnung nicht aufgegeben haben. Die es geschafft haben und aus ihrer Glitzer- und Scheinwelt entkommen sind, spüren sich im verstopften Zeitgeist. Immer wenn ich CDs im Elektrohandel hören wollte, fragte ich mich, ob ich auch ohne Geld in der Stadt sein durfte. Statt auf den Balkon mit den Strauchtomaten, die die Privatheit der Außenbalkone beschützten, zu halten, stieg ich in die Außenfassaden der retroavantgardistischen Visionen ein, die in Anlehnung an die Twenties 70 Jahre später hochgezogen wurden, nur um kapitalistische Orgien im Stil von Kevin allein in New York zu feiern. Am Abend Spielshows, die abgehalten wurden, damit die Glücksfee was zu tun hat und die eine ausgewählte Person dieser Stadt zu küren, die das Schicksal der Welt fortan prägen würde. Marketing regelt den Rest.

III Tagebuch der Jahreszahlen

1989 gehört nicht zu mir, der Kapitalismus entdeckt den barbarischen Elan seiner heroischen Epochen wieder, um mit Enzo Traverso zu sprechen; 1990 kenn ich nur als Aufwachsen (an einem andren Ort, der Garten, das Auto, der Kindergarten, die Knallerbsen, der Schaumstoff des Topfreinigers roch nach dem Fußball, mit ich im Garten angefangen hatte zu spielen) und im Nachhinein als erste Referenzzahl, die ich verstand; 1991 sind erste Schritte, langsames Ins-Verhältnis-Setzen, Kennenlernen; 1992 erste eigene Abenteuer (unten am Fluss, unter dem Brückebogen, fanden wir eine rostige Pistole), Planungen, die zu 1993 und der Explosion des ‚Eigenen’ führen: Meinung, Abgrenzung, Identität, Raumerweiterung durch Schule, soziale Begrifflichkeiten; 1994 ist dann das wichtigste Jahr, ein Heraustreten, ein Selbstverständnis, sich vertiefen, die Bilder und Gerüche gehen nicht mehr weg. 1995, 1996, 1997 sind immer ein zwei drei Jahre weg. 1998 wurde der Potsdamer Platz fertig, 1999 der Bundestag, vorher war die Umhüllung durch Christo, 2006 der Hauptbahnhof, pünktlich zum Sommermärchen, der Nationalismus für die Deutschen endlich wieder normalisiert. 2005, kurz bevor ich in die Stadt zog, betrug die Arbeitslosenquote mit 19 %, so hoch wie nie, dann schlug Hartz 4 und der neoliberale Niedriglohnsektor voll durch, es lagen 5000 Grundstücke brach, 2007 wurde darauf die Zwischennutzung (wie in Leipzig, wo es ein paar Jahre später einsetzte, die Wächterhäuser) propagiert, nachdem die lukrativen Grundstücke und Firmen privatisiert wurden. Berlin war durch Easyjet wieder Partyhauptstadt geworden, hatte gleichzeitig keinen Kredit mehr, bereits Schulden vor der weltweiten Wirtschaftskrise und legte die Grundsteine für Mediaspree trotz der ganzen Proteste und der Sticker, die noch heute in alten Kneipen auf den Holzwänden der Klos zu entziffern sind.

IV

Der erste Sommerurlaub, der erste Game Boy und ich will nichts sehnlicher als diesen grauen klobigen Kasten, Nonplusultra mit seinem Konsolenschlitz hinten für die Spielkassetten, die wie eine eigene Welt, eine eigene Geschichte in die Tasche passten und sogar getauscht wurden, nachdem sie durchgezockt wurden. Ich träumte von QR-Codes auf Moos und Flechten und baute ewig an einem Papierschiff. Es war magisches Denken: die Frage, wie wir den Raum zwischen Vorstellen und Fertigstellung überbrücken können, denn auf einer Ebene ist es schon da.

Wenn es Objekte waren, an denen ich mich in einem Haus mit Räumen als Gedächtnisstützen wie in einem der Samstagabend auf Pro Sieben oder Sat 1 gezeigten Gameshows, hangelte, um mit weiteren Fäden der Ariadne ins Bergwerk der Erinnerung ziehen, lande ich bei einem paar Asics, die mir mein Cousin überlassen hat. Grauer dünner Stoff mit orangem Muster erlaubte mir, meine gewohnte Rennstrecke wie ein Gepard zwei Sekunden schneller zu laufen. Fast überholte ich mich selbst, aber bevor ich mich überschlug, bremste ich ab und ließ auslaufen, ohne nachzudenken, noch beflügelt vom Rausch der Geschwindigkeit.

Die neue Technik entwickelt sich hinein in die Plastikverpackungen meiner Kindheit, liegt auf dem Breitengrad der Science-Fiction von vor 25 Jahren, mal fortschrittlicher, mal regressiver. Am Rand des Bewusstseins sind da noch die eckigen Gesichter der Videospielhelden von früher. Ich erkenne sie sofort. Sie gaben mir Ratschläge, tauchten an den unmöglichsten Stellen im Spiel auf, bewohnten meine Träume, waren meistens nicht ernstzunehmen und flach gezeichnet, boten sich aber als Modelliermasse und Projektionsfläche für den Hintergrund an.

Mitte der Neunziger war die Marketingmaschine, die TV, Spielzeug und anderes Merchandise vereinheitlichte, zur Perfektion gekommen. Ab 1983 durften sich die Spielzeugproduzenten auf Fernsehserien beziehen. Das führte in unbestechlicher Logik bis zu dem umgekehrten Punkt, dass Serien (aber auch Sticker, Tattoos, T-Shirts, Aufnäher) produziert wurden, einzig um ihre Spielzeug-Materialisierungen in eigens designten Verpackungen zu promoten. Ganze Armeen von Plastikfiguren überrannten zwischen 1987 und 1996 die Zimmer, Kommoden, Wiesen und Betten. Der Spielwarenhandel blühte in allen Altersklassen: vom Kettcar, dem eigenen Warengeschäft, das sich an die in den 1960ern konzipierte futuristische Wohnzelle anlehnte, über die militaristischen Wasserkanonen à la Super Soaker oder die Konsolenspiele, die die Elektrogeschäfte zum Probespielen anboten und sie mit einer ganz neuen Käuferschicht von fünf bis fünfzehn Jahren versorgte. Erster flächenmäßiger Einsatz der erschwinglich gewordenen Kreditkarten der Eltern!

Die serienmäßige Einführung der Videokassette in die Privathaushalte Westeuropas erleichterte die familiengerechte Unterhaltung. Große Technikerzählungen! Viel gab ich dafür her.

Die Gläubigkeit einer Gesellschaft lässt sich an der Übernahme der in Klammern abgedruckten technischen Versatzstücke ablesen. Sie liest kaum jemand, doch ihr Einfluss bleibt bestehen, weil eine Erklärung zu lange dauern würde und nicht zum Verstehen einlädt.

V

Ich tippe „1991“ (die ersten Schritte) in die Video-Suchmaschine Youtube ein und wähle ein paar Trailer, Videospiele, Michael Jordan gegen Magic Johnson und die bekanntesten Songs in einem 15-Minuten-Medley aus.

Eine Ästhetik der schlechten Bildqualität, verschwommen wie das Ende des Jahrhunderts. Sozialisation in den 90ern heißt auch, der Werbung auf den Leim zu gehen, die suggeriert, wir müssen nur genug an unserem eigenen Verhalten ändern und alles würde gut.

Es war nicht nur das. Die Zuschauenden waren die Konsument*innen, es war alles da, um aufgeklärt oder unterhalten zu werden. Ab und an gab’s auch bei Anruf was zu gewinnen, 0180 3890033 (ich wiederhole: „“, 3,93 Mark/Minute). Wir mussten uns nur entscheiden. Und das schnell genug. Und was alles als nebensächlich galt, wie viel Staatsvertrauen es gab, welches Wissen mehr galt. Die fragmentierte Öffentlichkeit wurde als nachholendes Abziehbild der Postmoderne geschaffen. Ich traute mich nicht zu reagieren, es war ja alles schon da, ich musste nur lernen, bis ich auf dem gleichen Stand war.

VI

Mein Opa redet über uns: „zanken sich, nehmen mich kaum wahr. J eher, weil sie auf deren Spiele eingeht. Versuche, mit ihnen zu reden. Doch ist’s läppisch, und ich merke, dass selbst B die beiden kaum bremsen kann. So habe ich kein schlechtes Gewissen. Doch wurmt’s: schon körperlich kann ich mit ihnen nicht mithalten, mitrennen, mitboxen. […] Gehen zu fünft zum Spielzeuggeschäft. Sollen sich etwas raussuchen. Es wird Armbrust und Pfeil und Bogen.“

Wir hatten Pfeil und Bogen und Armbrust von Opa, der zu Besuch gekommen war, geschenkt bekommen. Gingen mit ihm in den Spielzeugladen „Spielwaren „Sindel“ und durften uns etwas aussuchen; gingen mit Papa und ihm in ein Waldstück, auf denen uns stundenlang kein Mensch auf den Kieswegen begegnete. In seinen Erinnerungen schreibt er von diesem Besuch und wie konzentriert wir bei der Sache waren, ihn schnell vergaßen, während er mit seinem Sohn hinter uns spazieren ging, nach Monaten wieder. Mein Bruder war vielleicht vier, ich sechs und der gelbe Weitbogen aus Plastik mit seinen roten Pfeilen, die ich hunderte Meter ohne viel Kraft schießen konnte, war eines der schönsten Geschenke, die ich bis dahin bekommen hatte. Mein Bruder jauchzte, als der Pfeil seine Armbrust verließ. Die Angst war immer dabei. Wie bei allen Geräten und Techniken wurde er im Laufe eines Nachmittags Experte.

VII

Einmal im Frühjahr, einmal im Herbst wurden wir neu mit Klamotten eingedeckt, es waren Markenklamotten, die meist lange hielten, von denen wir nicht den Preis wussten, die uns aber das Gefühl gaben, wir seien normal und gleichzeitig clever, da wir das Geld gut anlegten. Die Vordergründigkeit und Fassade war uns bewusst, wir spielten gerne mit, während wir bei jeder Mark überlegten, ob wir sie ausgeben sollten und auf anderes sparten. Ich zerlegte die Mittelschicht in immer kleinere Sphären, als ich sah, dass sich alle aus meiner Klasse darin wohlfühlten, Kinder, die ihren Reichtum verbargen, weil sie nichts anders kannten.

Am Beginn der Epoche der Hauntologie liegt der Fernsehschnee im hellen Licht über Asbest wie Luftgeister zwischen „natürlicher“ Autorität und Lachnummer, Minderwertigkeitsgefühlen und Arroganz. Technik ohne Bilder, die nur die Erinnerung einer Person interessiert, ein Museum des Alltags, das nicht mehr nachprüfbar ist. Die Welt, die die Kindheit heißt, erscheint als eine Ansammlung von Waren, die es davor nicht gegeben hat, die du in dich aufnimmst, deren Teil du wirst. Ich gehörte den Waren, klebte ihre Codes in die Stadt, machte die Stadt bunt mit Schlangen, Süßem, Stickern.

Während der Erwartungshorizont sich angesichts der Transformationszeit, die die Zeitgenossen spüren, ins Leere, Unergründliche verschoben hat, verlieren Gesellschaften die Erfahrung, einen Raum, an dem sie sich orientieren können, schnell resigniert und gesättigt. Individuen überlegen jeden Tag aufs Neue, was noch zu kaufen ist und woher das Geld kommen soll.

Der kulturelle Zwang zum Konsum füllt die Leerstelle und erlaubt, sich in der Gesellschaft zu positionieren. Wir lernen, wie die Reichen zu denken, der Knappheit ein Schnippchen schlagen. Die Sümpfe an Plastik, die bereitstehen, übertragen sich auf die Waren, die neue Phantasien erschaffen und andere beerdigen. Spielwaren fügen sich ein in diesen Horizont als die letzte Ausprägung des revolutionären Romantizismus der Umgestaltung des Alltagslebens und erfassen in ihrer unumstößlichen phantasielosen Parallelwelt (als einzig möglichem Fluchtpunkt) die medial normierten Kinderzimmer. Die noch anzuschaffenden Dinge werden zu „Wunschmaschinen“ und damit Kommunikationsmittel.

VIII

Den Warenfetisch haben unsere Eltern angenommen, der internalisierte Druck zur Verleugnung der Prekarität, der Wunsch mitzuspielen, auf Pump gelebt, das Privileg sich zu erkämpfen, keine anderen Normalität als die Klassenkamerad*innen in der Schule, die Kolleg*innen auf der Arbeit zu haben. Sie kritisierten zwar, wie wir unsere Zeit verbrachten, aber sie spielten noch nach dem alten System und manche Dinge spendeten ja auch tatsächlich Trost. Einen Kredit aufnehmen, um die eigene Bürgerlichkeit zu beweisen, im Club mitzuspielen, bei Gesprächen dabeizusein, kurz nicken, um anzudeuten, dass du weißt, wovon die Rede ist.

Es gibt da ein Wissen um diese Konfliktfelder, das erfolglos gegen den Druck in Stellung gebracht wird, trotz allem dazugehören wollen und ab einem gewissen Punkt mit Stolz auf das Erreichte nicht mehr infragezustellen. Und es gibt (paradox oder nicht) Solidarität und heimliches Verständnis mit den unteren Klassen, den Migrantisierten. Meine Familie kennt den Treibsand, meint zu wissen, auf welcher Ordnung Klassenherrschaft beruht (die für Mittelschicht und Bürgertum symbolisch aufgeladene Krümel übrig lässt, verstärkt durch Habitus), ist seltsam ruhelos und kann sich den Aufstieg nicht erklären. Ich erschließe mir Kategorien, Felder und Verhältnisse, während der Raum sich durch meinen Körper zieht. Am Ende bewege ich mich nur noch in den von mir festgelegten Grenzen. Den Rest beachte ich nicht. Als Kind bin ich ein Held, ein mit Plastik und durch Werbung hochgejazzte Einzelteile aus Kunststoff versetzter Cyborg, der ein paar Inseln hinzuerfindet. Nur wenige haben Zugang. Wann hat das alles angefangen, wann geht das weg? Vor 10 Jahren? 2001, 1991, 1973? Die Konkurrenz hat mich zu jemand andrem gemacht. Zu einem Teil der angepasstesten, unpolitischsten Generation seit Jahrzehnten und auch jetzt: eine einzige Entschuldigung, wenn ich mich auf die Suche mache nach den Gründen, von denen ich mich so langsam löse. Meine Familie ist ein gutes Beispiel für ein Produkt der 90er.

IX

Ich bin in einer Mediengesellschaft aufgewachsen, die als die richtige galt. Gepolt und verändert durch die Gegenwart und den Genuss der Dinge, mit denen diese sich umgibt. Jeden Morgen schaue ich mir die Werbevideos an, die um sich selbst kreisen, was sie einer neue Welten erschaffenden Selbstreferenzialität auch tun sollen (nicht wenige zeigen tatsächlich Spiralen, hypnotische Kreisel, die die Augen verzaubern), erschaffen von Werbestrategen und Spindoktoren, die Marketing so perfekt beherrschen, dass sie bald die Hinterzimmer der Parlamente beraten. Auf den wenig erhaltenen VHS-Kassetten findet sich mehr Werbung als Zeichentrickserie. Die visuellen Paratexte übernehmen den Haushalt und die Kinderaugen mit ihren wechselnden Vorstellungen von Kultur gewöhnen sich schnell.

Die späten Achtziger aus Sicht der Neunziger, Neuanfänge, Skateboards, Tetris, He-Man. Wie die Sounds der 90er mir aus Videospielen, aus Werbefetzen bekannt sind. Technische Voraussetzungen schufen einfacheres Cut-Up. Collagieren prägt das Klangbild, die Soundkulisse, in der ihr aufgewachsen seid.

Level 2 – Zwischen vier und acht

Wie von Geisterhand erscheint eine Ansammlung von Kindern mit verschiedenen Tüten und aus den Häusern dringen unruhige Stimmen, die schnell dazustoßen. Der große Mario hatte 100 Mark Taschengeld (ein unerhörter Betrag!) für einen Karton Klatschkarten gekauft. Tausende Sticker warteten darauf, begutachtet und bewertet zu werden. Das Sammeln fand schlagartig ein Ende, nur eine größere Investition genügte. Wir öffneten sie gemeinsam in der Gruppe auf dem Hof. Knistern und Reißen, großes Staunen im Gemurmel. Neben den vielen Doppelten, die der große Mario großzügig verschenkte, blieben noch einige Stellen im Stickeralbum frei. Es half nichts, er musste wohl nachbestellen.

X

Was war das zwischen vier und acht Jahren? Wer waren Boris, die Marios, Wassili? Ihre Eltern waren in den 70er oder 80ern nach Süddeutschland gekommen. Die meisten habe ich nur aus dem Fenster blickend oder am Gartentor gesehen, als richtige Eckensteherjungen kam ich nicht an sie ran, kannte ihre Zeichen nicht, verstand nicht ihren Slang, erkannte nur ihre Herrschaft an. Ich sehe den großen Mario, den seine Eltern vernachlässigten und der stattdessen Taschengeld wie keiner von uns bekam. Einmal erschien er auf den Hof, in der Hand eine eingeschweißte Schachtel mit 100 Packungen Wrestlingkarten, die wir in der Mitte des Hofs, ungefähr auf Höhe des Sandkastens, aufrissen. Dann Daniel, mit seinem kleinen Bruder Boris, der sich immer der Jüngeren und Neuen annahm. Ihre Mutter kam manchmal mit Kuchen, wir sahen sie durch die Glasfenster an der Ecke über einem der Ausgänge das kalte sterile Treppenhaus hinunterkommen. Der kleine Mario, mit Käppi, hektisch, unabhängig. Diese eine Szene, als er Daniel so fest an den Haaren riss, dass er ein Büschel Haare in der Hand hielt. Die Gruppe stand um die beiden herum, feuerte an, einige nahmen Wetten an und diskutierten, wie der Gewinner die Machtverhältnisse in der Nachbarschaft ändern würde.

Auf dem Vorhof tummelten sie sich, in einer Traube von vielleicht acht, neun und heckten ihren nächsten Angriff über Walkie-Talkie aus, während keiner der Nachbarn es wagte einzuschreiten, nicht einmal, wenn sie der letzten Tat leicht überführt werden konnten. Neulich, nachts, tauchten sie in einem meiner Träume auf. Mit ihren Kapuzenpullis rannten sie den kalten Gang entlang, bis sie der Lichtspalt verschluckte. Ich kann mich an keine passagenartige Abkürzung erinnern, will es allerdings nicht ausschließen, dass wir nicht davon geredet hatten. Wir steckten uns eh dauernd Zettel mit Anleitungen zu. Sie konnten etwa lauten:

„Gehe Samstag bis zur Kreuzung, mach den Salto, bewege dich kreisförmig, dann linkerhand, bis das Gras sich dreht und sich neben den Ölfeldern ein Spalt auftut. Hier warte.“

Und ich wartete, oft mehrere halbe Stunden, die das Spiel verdarben, während sich neben mir die Umgebung verschob und das Grün sich digitalisierte. Die Schneise zum Videospiel war gezogen, ein verpixelter Supermarkt mit seinen Arkaden, der Saft mit seinen Aufklebern zu 1 Mark 50 reichte für die Vorstellung. Die weichen Knochen entkoppelten sich, bis das High-Sein erreicht war, das die ganze Jugendkultur der damaligen Zeit prägte; die Stimme wurde höher, der Geschmack im Mund wohliger. Doch schon rauschten die Sprüche vorbei, rutschten die Betonpfeiler und Treppenabsätze herunter, andere Endgegner waren gefunden. Der Zwang zu kommentieren wurde wieder stärker, irgendetwas musste ja sein. Die Stimmen wechseln die Protagonisten, eine Bühne mit Rede und Widerrede tritt hervor, Klappen und Röhren, die Kämpfe im Tandem.

XI

Den Aufenthalt in dem französischen Ort im Elsass hatte uns die Oma bezahlt. Es war glühend heiß, die Pension war einfach und gepflegt und die sandigen Wege gesäumt von verdorrten Büschen und Hecken. Sie erinnerten an die Toskana, in die er erst 10 Jahre später kommen würde. Im Fernsehen: die Olympischen Spiele. Haile Gebresselassi gewann mit einem Lächeln ab der Zielgerade die 10.000 Meter. Später noch die 5.000. In der Zwischenzeit waren sie die Gegend erkunden und er rannte, ohne sich die Geschwindigkeit der Leichtathleten vorstellen zu können, so schnell er konnte, mit leichten Sommerschuhen und leicht hüpfend nach vorne, während er den Namen des Siegers hervorposaunte. „Haile Gebresselassie“, immer wieder. Beim Vergnügungspark angekommen, waren die beiden Brüder enttäuscht. Das heißt, er wollte enttäuscht sein und machte schlechte Laune. Wieder einmal hatte es ihre Mutter nicht geschafft, das richtige zu wählen, so wie es alle machten. Was war denn daran schwer? Er spürte ihren Schmerz und wich doch nicht von seiner Position ab, was zu schwer gewesen wäre. Erst später, es können nur wenige Minuten oder Stunden gewesen sein, da hatten sie den Flipper oder die Achterbahn ausprobiert, entschuldigte er sich. Wieder einmal zu spät, wie einige Jahre zuvor an Weihnachten, als er das vermeintlich falsche bekommen hatte, ihr Gefühl gegeben hatte, es nie richtig zu machen und das, obwohl sie allein für seinen Bruder und ihn verantwortlich war.

XII

Es gab das Gerücht, einer würde echte Ninjasterne aus Metall besitzen, aber das passierte an den Ecken, an denen wir nicht waren und wir gaben uns mit den Plastikexemplaren zufrieden, nicht ohne nach Zeichen der Verwüstung an den Holztüren zu den Vorgärten an der straßenabgewandten Seite des Hofs zu suchen. Im Mittelteil versammelte sich die Gruppe der Kinder, wenn es etwas anzukündigen gab. Dann schlichen und rannten innerhalb kurzer Zeit Füße in Richtung des Amphittheaters in der Hofmitte. Hier finden sich: drahtige Kunststoffbänke, die von an Stangen befestigten Laternen überragt werden, schräg zulaufende Steinquader, darauf Sträucher, kaum verdeckte Gitter, die den Geruch des unter dem Hof liegenden Parkhauses sammeln, ein kaum genutzter Sandkasten, ummauerte Treppenschächte, auf denen wir unsere Kletterkunststücke vollführten. Oben angekommen, stürzen wir uns über die Brote, reißen das Weißbrot auseinander und tunken es. Ein Luftschacht hängt noch heute in der Luft, in den Fenster rot beleuchtete Schlingpflanzen, ein Park ist zwischen den Säulen auf einem Innenweg durch die Einfahrt zu sehen. Von der einzigen Straße, die hier heraufführt, folgen Autos, immer dahin, wo wir hinwollen.

XIII

1993 oder 1994: Es gibt Drachensuppe aus der Tüte zwischen den Jahren in Stuttgart; meine Tante bereitet ein Büffet am ovalen Bartisch vor, der zwischen Küche und offenem Wohnzimmer mit Parkett steht; ein Tisch zum Ausklappen wird aus der Küche geholt; auf dem kleinen Balkon, der auf den schneeverhangenen Innenhof blickt, kühlen die Speisen für morgen. Die Kinder ziehen sich zurück, um ski.exe-Winterspiele auf dem 386er zu spielen. Abends, zur Bescherung, gibt es ein Batman- und ein Werner-Handheldgerät als Geschenk, mein Cousin hat’s rausgesucht und das ist mehr, als ich je wollte. Wir zockten die erste Nacht durch bis das Spiel ungefähr zu Dreivierteln durch war. Am nächsten Tag haben wir allenfalls Kraft für eine Schneeballschlacht auf den kleinen Hügeln zwischen den weiträumigen Wohnblocks.

XIV

Zwischen 95-97 waren wir, mein jüngerer Bruder und ich, in den Ferien häufig in der Stadt, in die unser Vater hingezogen war. Es war sicher ein Haus der Arbeitsstelle aus dem Stadtzentrum, in der er angefangen hatte zu arbeiten, noch in seinen frühen Dreißigern. Die aus dem sowjetischen Truppenübungsplatz entstandenen Fußballplätze für den lokalen Verein nutzten wir für schnelle Attacken, Langschüße und Vergleichsübungen für Fallrückzieher, die immer an Einheimische verloren gingen. Betonhäuschen wurden zu Umkleidekabinen, wie ’96 in Ungarn, als wir dort mit dem Fußballverein zu Besuch waren. Sonst nur Wald und Sand. Eine Hauptstraße, von der Villen abgehen. Spaziergänge, in denen ich das erste Mal von Heinrich Heine hörte, weil ein Waldweg so hieß. Ein Bäcker mit Brandenburger Kuchen vom Blech, ein ausgebauter Truck als Gemüsestand mit Süßigkeiten, an die ich nie kam. Wir hörten Beatles auf Kassetten auf dem Weg zum größeren Supermarkt (Real?) (zuhause im Lampionhaus unterm Dach dann das Rote und Blaue Album, Kiefern draußen auf Sand auf dem Grundstück des Kindergartens) im Industriegebiet.

John Lennon war schon tot. Mich traf es direkt, obwohl es anderthalb Jahrzehnte her war. Wir hatten Tiermasken und ich wollte eine Garagenparty mit Nürbürgring-Würstchen und Reifenstapeln machen. Jetzt erinnere ich mich auch an die Spaghetti, die Papa einmal für uns kochte, hinter dem Vorhang lugte ich rein und da waren sie schon fertig, aber das war ’94, also noch nicht in der anderen, weit entfernten Stadt, und ich kam gerade aus der Grundschule ein paar hundert Meter über ein paar Straßen und einen Hügel geklettert.

Level 3 – Magisches Denken

Ich wünschte, mein Leben ließe sich tauschen, passte in eine Tasche, um es überallhin mitzunehmen, wäre standardisiert und berechenbar. Teil einer Kollektion, selbst zur Ware geworden, Avantgarde und Imitat zugleich.

XV

Je nachdem, wer spricht, war das eine Grau-, Pufferzone oder ein Niemandsland, ein selbstorganisiertes Gebiet in einer Phase zahlreicher Unsicherheiten, von dem selbst die meisten, die dort wohnten, die internen Regeln nicht wussten, nicht über die Strukturen, Hierarchien, geheimen Verbindungen zur Außenwelt unterrichtet waren; der Anfang der Kindheit findet nach dem Ende der alten Geschichte, in entmilitarisierten Zonen statt; neue Waffen werden geschmiedet, ein neues diplomatisches Regelwerk entworfen – ein Zwischenraum, noch ein Begriff, in dem sich die Menschen des Hofs in selbstgewählter Verbannung finden, in Vorbereitung, in Lauerstellung, im Exil wie russische Dichter des 19. Jahrhunderts, nur um zu wissen, wie es ist, aus dem Kopf eine Ersatz-Welt als Netz über alle Sträucher, Körper und den Beton zu werfen.

XVI

Im Laufe des letzten Sommers bekamen wir Striemen von Hagebuttenbüschen. Wir bewarfen uns mit Knallerbsen und sammelten und vergruben Haselnüsse, die für den Herbst vorhalten sollten, tatsächlich aber nur bis zum nächsten Nachmittag reichten.

Das Baumhaus hatte viele Geschosse, mit Fuchsmatten verstärkt, hölzerne Massen von Jalousien hoch über den taumelnden Autos, Laternen, mit Blick auf Staaten, Fronten. Ein chinesisches Teehaus. Eine Schaukel hing an jedem Astloch und selbstredend hielt die Technik Einzug, je höher du kamst. Hier ausgeliefert, denkt er an nichts als jetzt. Bilder von Panzern in der Ferne, von Sarajevo und Ruanda an den Stelen. Reste von Häusern fransen wie sein Hemd, läuten die Vorstadt ein.

XVII

Das magische Denken ging so weit, trotz der offenkundigen Nicht-Realisierbarkeit an den guten Willen der Form, der Produzenten zu glauben und die Gelddruckmaschine, die als Zaubertrick gedacht war. Alles basiert auf einem Drehmechanismus: ein Blatt weißes Papier in Scheingröße wird eingelegt und verschwindet nach einer Drehung der Kurbel; heraus kommt zur gleichen Zeit ein vorher im Innern der Walze versteckter tatsächlicher Geldschein, ein grüner Fünfmarkschein zum Beispiel. Das ist wirkliche Aneignung. Mit solcher Überzeugung drücktee ich mein Anliegen meiner Mutter vor, der ich mit dem frischen Geld unter die Arme greifen wollte, dass sie nicht anders konnte, als mir das Geld für das Yps-Heft, der die Plastikmaschine als Extra beilag, in die Hand zu drücken.

XVIII

Die Dinghaftigkeit der Kindheit überträgt sich auf den Warenfetisch der Umwelt: Bilder, farbige Symbole, Glitzerfolien, haptische Überraschungen, die Objekte erst zu etwas Individuellem, einem Totem und einer ersten Verbindung zur Gesellschaft der Verbündeten, einer nur dir und wenig anderen sichtbaren Außenwelt entwickeln. Die Sinne werden geschärft, die Bilder gehen ein in dein Unterbewusstes, sind Projektionsfläche von Träumen, die du schon abgelegt zu haben glaubtest, sie sind unabgeschlossener, ständiger Teil der Kindheit,. Sie beeinflussen mich in Situationen, in denen ich soviel wusste, dass ich mich erwachsen fühlen und die Jahre voraussehen konnte. Der Clou ist: Wir alle erwarteten etwas, das nicht eintreten musste. Im Fall, dass wir uns irrten, sollte uns nicht einmal der Untergrund haben dürfen.

Süße Melodie von Zweidreistunden.

XIX

Daniel und der kleine Mario kämpfen drüben auf der anderen Seite des Hofes. Es ist die erste Nachricht des Tages, die unsere Pläne durchkreuzt. Wir finden beide im Nahkampf auf der anderen, zweiten Seite des Hofs vor. Sie weinen, schleudern sich ein ums andere Mal aufeinander und reißen sich gegenseitig die Haare raus. Dabei überboten sie sich in Grausamkeit, während wir zuschauen und ihre Gesichter studieren. Von solchen Kämpfen hing ab, welche Stellung die einzelnen in den Hierarchien des Hofes für die nächsten Wochen einnehmen konnten. Ein Schiedsrichter wird ernannt, das Preisgeld ermittelt, die Begrenzungen des Rings bestimmt. Der Termin jedoch wird nie im voraus festgelegt, was zu einer Reihe von Unstimmigkeiten, Missverständnissen und Konflikten führen kann. Mal ist der eine nicht anzutreffen, dann ist der andere nicht in Form oder hält den Kampf um die Vorherrschaft für nicht mehr notwendig. Dann setzen eine Reihe Ersatzkämpfe ein, die jedoch die Unruhe unter den Zuschauenden nur noch steigern. Die Tage, in denen die Gespräche und Wetten zunehmen, schlafen wir schlecht und träumen von den Wassertattoos, die dem Sieger winken. Weit im Grünstück ruhen wir uns in solchen Fällen tagsüber unter einer Rampe aus, die wir sonst nur belegen, wenn wir sicher sind, dass wir verfolgt werden.

XX

Als die Kindheit zuende war, wollte ich sie mir schreibend zurückholen, durch die Zeichentrickserien, die ich geschaut hatte, in die ich ein anderes Leben hineininterpretiert hatte. Ich schrieb die Titel in ein kleines blaues Ringbuch mit einem Deckel aus geriffelter Pappe. Innerhalb von ein paar Tagen kam ich bis auf Seite 10. Dabei ist es geblieben.

Über Johann Wiede

Nicht-Schreiben heißt Lesen.
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